Elia Epifanio #444
Elia war nicht nur ein herausragender Kartpilot, sondern auch ein wunderbarer Konkurrent, Teamkollege, Freund, großer Bruder und Sohn. Die Lücke, die er hinterlässt, ist enorm. Doch Elia bleibt immer ein Teil von uns und begleitet uns jeden Tag. Besonders auf der Rennstrecke wird er voller Leidenschaft von oben zuschauen und uns unterstützen, denn seit er laufen konnte, fühlte er sich auf der Kartbahn am wohlsten. Seine Liebe zum Kartsport war grenzenlos – es war sein Leben!
Während Elia seinem Vater beim Kartfahren zuschaute, konnte er es kaum erwarten, endlich selbst im Kart zu sitzen. Bis es soweit war, verwandelte sein Vater die Wohnung mit Spielzeugautos in eine Rennstrecke, damit Elia die Ideallinie mit seinem Bobbycar üben konnte. Schon damals war Elia voller Eifer und Tatendrang.
Mit vier Jahren war es dann endlich soweit: Auf einem abgesperrten Parkplatz durfte Elia in seinem eigenen Kart seine ersten Runden drehen.
Elia drehte ab dem Alter von fünf Jahren begeistert seine Runden auf der Kartbahn in Wohlen. Nichts konnte ihn davon abhalten; in die Box kam er nur, um Benzin nachzutanken und Kettenspray aufzutragen. Mit sieben Jahren war es endlich soweit: Er war alt genug, um an Rennen teilzunehmen. Bei der Kappellentrophy in Lyss erhielt er seine erste Chance und verpasste in seinem Debütrennen die Pole Position nur um 50 Millisekunden.
Im Jahr 2017 hatte Elia die Gelegenheit, erstmals an einem Rennen teilzunehmen, und er war sofort begeistert. Leider konnte die Familie nicht an weiteren Rennen teilnehmen. Das änderte sich 2018, als Jörg Schumacher Elia einen Rotax Micro zur Verfügung stellte, wodurch er an mehreren Rennen der Rotax Max Challenge 2018 teilnehmen konnte.
Nachdem Elia 2018 an einigen Rennen der Rotax Max Challenge teilgenommen hatte, lag der Fokus der Familie 2019 nicht mehr auf dem Kartfahren. Dennoch sorgten seine Eltern dafür, dass Elia regelmäßig seine Trainingseinheiten auf seiner geliebten Hausstrecke in Wohlen absolvieren konnte.
Ein Höhepunkt war für Elia die Teilnahme am Finalrennen der Schweizer Kartmeisterschaft 2019. Mit seinem 3 jährig alten Chassis und dem deutlich unterlegenen Motor der Vorjahreshomologation – von Bruno Lüscher "der Toaster" genannt – war Elia materiell klar im Nachteil. Trotz dieser Umstände sicherte er sich beim ersten offiziellen Lauf zur Schweizer Meisterschaft den 8. Platz. Auf seine Leistung waren alle stolz, bis auf Elia selbst. Für ihn war immer nur der 1. Platz das Ziel, und ob die Voraussetzungen günstig waren oder nicht, waren für ihn keine Entschuldigung.
Elia wusste immer, dass Kartsport ein extrem teurer Sport ist und die Teilnahme daran ein großes Privileg darstellt. Er war fest entschlossen, aus seinem Fahrzeug stets das Beste herauszuholen.
Wie sein letzter Teamchef Agostino Lagrotteria treffend bemerkte: "Elia war der Fahrer, der selbst bei nachlassender Performance des Materials, das Handicap fahrerisch ausgleichen konnte."
Im Jahr 2020 entschloss sich Elia's Familie, eine vollständige Saison zu bestreiten. Gemeinsam mit seinem Nonno suchte Elia nach Sponsoren, um sicherzustellen, dass der Saison im Kartbox Team 2020 nichts im Wege stand. Das Jahr 2020 brachte jedoch auch den Beginn der Pandemie mit sich, was einen außergewöhnlichen Start in die Kartsaison bedeutete.
Trotz der besonderen Umstände zeigte Elia beeindruckende Leistungen. Bereits in seinem zweiten Rennen in Wohlen eroberte er mit Bravour den obersten Platz auf dem Podium und feierte einen grandiosen Sieg. Die Meisterschaft schloss Elia schließlich mit einem bemerkenswerten fünften Gesamtplatz ab.
Nach Gesprächen mit dem offiziellen Formula K Werksteam wurde beschlossen, dass Elia zur Saisonvorbereitung 2021 an drei WSK-Rennen im Werksteam von Jur Serafini teilnehmen sollte. Unter der Anleitung von Teamchef Juri, Mechaniker Allesio und Telemetrist Pier konnte Elia wertvolle Erfahrungen sammeln und zeigte beeindruckende Leistungen. In Sarno gelang ihm bereits im zweiten Rennen der Einzug ins Finale.
Die Tests in Lonato machten diese Strecke neben der geliebten Kartbahn in Wohlen zu Elias Favoriten. Er liebte die technisch anspruchsvolle und zugleich körperlich herausfordernde Strecke. Nach der intensiven Saisonvorbereitung starteten wir die Schweizer Kartmeisterschaft 2021 erneut mit dem Kartbox Team, bei dem wir zwei Rennen bestritten. Ab dem dritten SKM-Lauf setzte Elia die Saison im Team von Agostino Lagrotteria, Innovate Competition, fort. Um sich an das OTK-Chassis zu gewöhnen, schlug Agostino Lagrotteria vor, am ROK-Rennen in Pavia teilzunehmen. Dort erzielte Elia einen hervorragenden 3. Platz.
Elia fühlte sich immer wohler. Als das erste SKM-Rennen im Innovate Team anstand, befand sich Elia allerdings nicht auf der Rennstrecke, sondern in Portugal bei der Hochzeit seiner Tante. Trotz seines enormen Ehrgeizes war Elia auch ein herzlicher Familienmensch, so kam es, dass Elia beim Rennlauf in Franciacorta erst in der Nacht auf Sonntag anreiste pünktlich auf das Warm-up. Es stellte sich als kein Nachteil heraus: Er fuhr im Warm up gleich die schnellste Runde, ohne an den Vortagen trainiert zu haben, und belegte letztlich im Finale den 2. Platz.
Der Wechsel zum Innovate Competition Team leitete eine außergewöhnliche Erfolgsserie im Jahr 2021 ein und das Team Innovate Competition mit Elia s Teamchef Ago mutierte langsam aber sicher zu seiner zweiten Familie.
Nach dem 3. Platz in Pavia folgten der 2. Platz in Franciacorta und zwei dominante Siege in Levier und Wohlen, bei denen Elia seinen Hauptkonkurrenten Tiziano Kuzhini zweimal besiegte. Der Titelkampf 2021 zog sich bis nach Wohlen. Trotz Elias überragender Leistungen war es schwierig, die Titelentscheidung zu beeinflussen, da sein Hauptkonkurrent keinen Ausfall hatte. Wir, als Familie und Team, waren uns dessen bewusst, hatten aber beschlossen, die verbleibenden Rennen zu gewinnen und den Rest dem Schicksal zu überlassen.
Elia erreichte sein Ziel und dominierte beide Rennen, stand beide Male auf dem obersten Treppchen. Dennoch reichte es nicht für den Titelgewinn, der im letzten Rennen in Wohlen an Tiziano Kuzhini ging. Eine besonders prägende Szene bleibt mir als Vater im Gedächtnis: Nach dem letzten Rennen ging ich stolz zu Elia, um ihm zu seinem beeindruckenden Finalrennsieg zu gratulieren. Ich erwartete einen knappen Vater-Sohn-Handshake und eine kurze Umarmung, da wir beide nicht besonders emotional waren. Doch Elia brach in meinen Armen in Tränen aus, völlig verzweifelt darüber, den Titel nicht gewonnen zu haben. In diesem Moment wurde mir klar, wie bedingungslos Elia seine Ziele verfolgte. Er hatte alles in seiner Macht stehende getan, um die besten Voraussetzungen für den Titelgewinn zu schaffen und glaubte bis zur letzten Sekunde daran. Elia gab immer mehr als 100 %, ging über sein Limit hinaus, unabhängig von den Erfolgsaussichten.
In den Tagen nach dem Rennen war Elia emotional sehr niedergeschlagen. Als Vater wollte ich ihm ein paar aufmunternde Zeilen schreiben, um ihn zu trösten.
Glücklicherweise konnten wir uns nach dem Abschluss der Saison 2021 sofort auf die Saison 2022 vorbereiten. Für Elia bedeutete dies einen Wechsel in die Juniorenklasse. Nur wenige Tage nach dem Saisonfinale in Wohlen durfte Elia bereits seine ersten Runden im OKJ-Kart drehen. An einem regnerischen, wechselhaften Samstag begann Elia seine ersten Runden im OKJ. Da die OK-Klassen im Vergleich zur Supermini-Klasse keine Fliehkraftkupplung besitzen, stellten sich unser Teamchef Agostino und ich auf einige Anschiebvorgänge in Wohlen ein. Nach den ersten zehn Runden drehte sich Elia erstmals. Als er sich ein paar Runden später im Nassen erneut spektakulär drehte, sagte ich zu unserem Teamchef mit einem Augenzwinkern: "Elia ist ja ein Pirouettenmeister." Mit ernstem Gesichtsausdruck und der Stoppuhr in der Hand antwortete unser Teamchef: "Elia macht das richtig gut. Er ist bereits jetzt extrem schnell." Und er sollte recht behalten.
Im Herbst 2021 folgten einige Trainings- und Vorbereitungsrennen. Elia überzeugte und fuhr in der ROK-Serie mit einer Vielzahl internationaler Fahrer sofort vorne mit. In seinem ersten Rennen schloss er die Vorläufe auf Platz 6 ab und das Finale schließlich auf Platz 13. In seinem zweiten ROK-Rennen erreichte er sogar den 5. Platz im Finale und das als Rookie in einem Starterfeld von 48 Konkurrenten. Elia war startklar und voller Motivation für die OKJ-Saison 2022.
Als am 17. April 2022 die Schweizer Meisterschaft in Franciacorta begann, war Elia guter Dinge, ein gutes Rennen abliefern zu können. In den Trainingssessions am Freitag und Samstag bestätigte Elia seine gute Form. Doch in der Einlaufrunde des ersten Rennens passierte ihm ein verhängnisvoller Fehler, den er sich selbst bis zuletzt nie verziehen hat. Wie sich am Ende der Saison herausstellte, wäre Elia ohne diesen Ausfall nicht in die missliche Lage geraten, die ihm durch äußere Umstände den Meistertitel kostete. Wegen des Dreher konnte Elia den ersten Lauf nicht beenden und musste im zweiten Lauf als letzter starten. Ich erinnere mich noch genau, wie Elia völlig aufgelöst vom Streckenposten zurückkam. Mit aufgesetztem Helm weinte und schimpfte er über sich selbst. Ich zog ihn zu mir und sagte: "Dumme Fehler passieren selbst den Stars." Ich erzählte ihm von Michael Schumacher, der 1997 versuchte, Jacques Villeneuve aus dem Rennen zu drängen und dabei selbst stecken blieb. Als großer Ferrari- und Schumi-Fan motivierte ihn diese Geschichte und versetzte ihn in den Aufholjagd-Modus, der bis zum zweitletzten Lauf in Levier anhielt.
In den folgenden Rennen in Mirecourt, Pavia und Levier dominierte Elia erneut und zeigte einmal mehr seine außergewöhnlichen Fahrerqualitäten. Er sicherte sich in diesen drei Rennen drei Pole Positions und gewann 8 von 9 möglichen Läufen. Nur ein hinten links abbauender Reifen führte dazu, dass Elia in der zweitletzten Runde sich mit dem 2. Platz zufriedengeben musste und einen Sieg verlor. Nach den ersten vier SKM-Rennläufen konnte Elia endlich seinen Fehler aus Franciacorta wiedergutmachen und ging mit einem 5-Punkte-Vorsprung ins Saisonfinale in Wohlen. Eine Disqualifikation wegen der Position der Heckstoßstange führte dazu, dass Elia schließlich seinen Meistertitel nicht gewinnen konnte, diese Ungerechtigkeit belastete Elia lange. Elia hat diesen Entscheid bis zuletzt nie verdaut.
Zum Glück hatte Elia unmittelbar nach dem Rennen keine Zeit, sich mit dieser Situation auseinanderzusetzen, da wir am gleichen Abend nach Le Castellet aufbrachen, um uns auf die FIA Motorsport Games vorzubereiten. Nach einigen Tagen in Le Castellet kehrten wir rechtzeitig zurück, um eine Woche später in Lonato an der ROK-Meisterschaft teilzunehmen. In den Tagen dazwischen war Elia moralisch so angeschlagen, dass er über 3 Tage sein Zimmer nicht mehr verliess, so schwerverdaulich war für Elia die Tatsache, dass er wegen nichts disqualifiziert wurde. Mit der Wut im Bauch des vorherigen Wochenende kämpfte sich Elia im Finallauf von Platz 14 bis auf den 2. Platz vor und erzielte dabei Runde für Runde eine Bestzeit. Dieses Rennen war ein magischer Moment und Balsam für Elia`s Seele.
FIA Motorsport Games im Herbst 2022
Elia hatte die Ehre, die Schweiz in der Kategorie OK Junior bei den FIA Motorsport Games in Marseille zu vertreten. Es war ihm nicht nur wichtig, als Rennfahrer gut abzuschneiden, sondern auch ein gutes Ergebnis für sein Land nach Hause zu bringen. Leider verlief das Wochenende nicht wie erhofft. Bei dieser Veranstaltung werden Motor und Kart per Losverfahren zugeordnet. Schon in den ersten Sessions, als Elia sich noch an die harten MG-Reifen gewöhnte, bemerkte er Probleme im Durchzug des Motors, die keine klassischen Fehlzündungen waren. Da man am Motor nichts verändern durfte, wurden von den Veranstaltern lediglich die Vergasereinstellungen angepasst – leider ohne Erfolg. Im Finale stellte sich heraus, dass das Problem nicht an der Gemischzusammensetzung lag, sondern an der Zündanlage. In der Formationsrunde zum Finallauf fiel Elias Motor plötzlich aus, und er fiel auf den letzten Platz zurück. Zwar sprang der Motor im letzten Moment wieder an, hatte aber danach Fehlzündungen. Offensichtlich war die Zündanlage das ganze Wochenende über defekt und fiel schließlich ganz aus. Trotzdem beendete Elia das Rennen. Wer ihn beobachtete, konnte sehen, dass er einerseits glücklich und stolz war, an diesem großartigen Event teilzunehmen, andererseits aber auch frustriert, dass sich keine Verbesserung einstellte. Obwohl Elia innerlich kochte, blieb er stets ein fairer Teamplayer, professionell und konstruktiv, um das Beste aus der misslichen Situation zu machen.
Mit solchen Situationen umzugehen, hat Elia schon früh gelernt. Nicht immer verläuft alles wie geplant, aber man kann bis zum letzten Moment versuchen, das Beste daraus zu machen. Als Vater war ich oft erstaunt, wie erwachsen Elia schon in jungen Jahren mit Erfolg und Misserfolg umgehen konnte. Jeder, der im Kartsport aktiv ist, weiß, dass dieser eine gute Lebensschule für Kinder ist. Elias Leben war stark vom Kartsport geprägt. In den Jahren haben wir als Familie, unter Freunden und im Team viele schöne und auch weniger schöne Momente auf der Kartstrecke erlebt. Alle Eltern sollten es schätzen, so viel Zeit mit ihren Kindern auf Kartbahnen zu verbringen, auch wenn die Anstrengungen oft enorm sind. Die vielen Erlebnisse – mal schön, mal weniger schön – sind immer gemeinsame Erlebnisse und der Lohn dafür.
Start 2023 in Franciacorta
Nach dem kräfteraubenden Kartjahr 2022 entschieden wir uns, in den Wintermonaten Dezember bis Januar zu pausieren und die Batterien wieder aufzuladen. An Elia nagte der Entscheid der fehlerhaften Disqualifikation bei der Schweizer Meisterschaft nach wie vor schwer. Das Kartjahr 2022 startete höchst positiv, endete jedoch leider weniger erfreulich mit dem Saisonfinale in Wohlen und den Geschehnissen in Marseille. Einziger Lichtblick war das gute Resultat beim ROK-Rennen. Aus diesem Grund war diese Pause notwendig.
Ins Kartjahr 2023 starteten wir entspannt mit einer Woche Kartferien. Nur wir, die Kart-Epis, sattelten unseren Camper mit Anhänger und verbrachten eine Woche auf den Kartbahnen in Pavia, Cremona und Franciacorta. Auch Elias kleiner Bruder Romeo, der 2023 bereits einen guten Speed zeigte und für den ebenfalls Rennen auf dem Programm standen, war auf der Rennstrecke dabei. Die Ferien waren cool und entspannt, und ich blicke heute oft sehnsüchtig auf diese Zeit zurück.
Für das Jahr 2023 planten wir für Elia die Teilnahme an der kompletten ROK-Serie sowie an der Schweizer Meisterschaft. Elia war wild entschlossen, sich 2023 das zu holen, was ihm eigentlich bereits 2022 zugestanden hätte.
Das erste Rennen der Saison fand Anfang März 2023 in Franciacorta statt. Die Pace war an diesem Wochenende nicht zu 100 % da, jedoch konnte sich Elia dank seiner Erfahrung im Finale noch auf Startplatz 5 behaupten. Das Finale startete verspätet bei Einbruch der Dunkelheit, die Temperaturen sanken, weshalb die Vergasereinstellungen völlig durcheinandergerieten. Elia blieb nichts anderes übrig, als sich zu verteidigen, da er nach vorne nicht mehr viel ausrichten konnte. Nach dem Rennen lief Elia schnellen Schrittes und unglücklich über den Rennverlauf vom Parc Fermé in den Team-Lastwagen. Ich verfolgte diesen Gang von weitem. Irgendwie beängstigte mich dieser Gang enorm, weshalb ich sofort zu ihm gehen musste, um mich um sein Wohlergehen zu erkundigen. Nachdem ich ein paar Worte mit ihm gewechselt hatte, war ich beruhigt.
Elia kehrte mit seiner Mutter zurück, da er am nächsten Morgen ins Skilager mit der Schule gehen würde. Ich fuhr später mit dem Camper nach. Auf dem Heimweg überkam mich immer wieder der Gedanke, Elia nicht ins Skilager zu schicken. Warum, konnte ich mir nicht erklären – vielleicht dachte ich eher an einen Skiunfall und wollte Elia diesem Risiko nicht aussetzen. Ich war entschlossen, nach Hause zu fahren und ihm meine Sorge mitzuteilen und ihn vom Skilager abzumelden, um auch kein Risiko für den SKM-Start zwei Wochen später einzugehen. Wie es das Schicksal wollte, hatte ich kein Ladegerät im Camper und das Navi war dadurch nicht in Betrieb, sodass ich einen Abzweig verpasste. Dadurch kam ich knapp eine Stunde später zu Hause an. Als ich schließlich um 1 Uhr morgens zuhause war und Elia schon lange schlief, schilderte ich meiner Frau meine Bedenken. Ich konnte ihr aber nicht rational erklären, warum ich Elia die Reise ins Skilager verbieten wollte. Schlussendlich, weil ich dies als nicht rational ansah und Elia bereits schlief und ich ihn somit nicht vom Verzicht auf das Skilager überzeugen konnte, ging Elia doch ins Skilager.
Elia verbrachte ein schönes Skilager und konnte in seiner Klasse auch am 21. März seinen Geburtstag feiern.
Am Donnerstag kehrte Elia vom Skilager zurück. Er war etwas verschnupft, ansonsten ging es ihm soweit gut. Da man kein Teamtraining für das Rennen in Pavia hatte, entschlossen wir uns, am Freitag einen Tag nach Pavia zu fahren, um sich auf das Rennen vorzubereiten. Am Samstag wachte Elia zuhause mit etwas Halsschmerzen und leicht erhöhter Temperatur auf. Es ging ihm aber soweit gut. Am Nachmittag wollte er nicht mehr zuhause sitzen und bat seine Mutter, ihn nach Wohlen zu fahren, da er sich die neue Piste anschauen wollte. Auf der Heimfahrt von Wohlen äußerte er seiner Mutter noch die Vorfreude darauf, endlich fahren zu können: "Mama, die Piste wird richtig schnell sein... ich freue mich darauf, Runden drehen zu können." Leider blieb ihm dieser Wunsch verwehrt.
Am Sonntag trafen wir uns alle zuhause, um in der Familie seinen Geburtstag nachzufeiern. An diesem Morgen wachte Elia wieder mit leichten Halsschmerzen und leicht erhöhter Temperatur auf, danach war ihm nichts anzumerken. Wir machten unsere Geburtstagsfotos mit ihm, lachten zusammen und man könnte meinen, dass das Schicksal uns nochmals eine kurze gemeinsame Zeit in der Familie gewähren wollte.
In der Nacht auf Montag verschlechterte sich Elias Zustand enorm. Am Abend des 27. März 2023 wurde Elia vom Kantonsspital Baden in einem höchst kritischen Zustand ins Kinderspital Zürich überführt. Kaum dort angekommen, musste Elia reanimiert und an die Herzlungenmaschine angeschlossen werden. Es folgten Tage voller Bangen und Hoffen und Entscheidungen darüber, ob zur Verbesserung der Überlebenschancen Amputationen von Elias Extremitäten in Frage kommen könnten. In diesem Moment wäre man zu allem bereit gewesen, um Elia wieder bei uns zu haben, selbst die Bereitschaft, Elia tagtäglich mit meinen eigenen Händen in die Schule tragen zu müssen. Ich konnte es nicht glauben: Mein Sohn liegt auf der Intensivstation und kämpft um sein Leben, und man spricht über Amputationen und ob das Leben lebenswert ist ohne Beine und Hände. Schockiert hat mich dabei die Tatsache, dass ich Elia wiederholt zur Steigerung des Kampfgeistes ein BMW-Werbevideo von Alex Zanardi zeigte, in dem zu sehen ist, wie Alex trotz fehlender Beine noch alles erreichen konnte, was er sich als Ziel gesetzt hatte. Nun stand eventuell dieses Schicksal auch meinem Sohn bevor. Schließlich aber kam die zerstörende Nachricht: Elia wird die Folgen des septischen Schocks, verursacht durch eine Lungenentzündung, nicht überleben. Auch eine Amputation der Extremitäten würde seine Überlebenschance nicht verbessern.
Die lebenserhaltenden Maschinen mussten am Freitag, den 31. März 2023, abgestellt werden. Unser geliebter Sohn und Bruder Elia ist für immer in den Himmel geflogen.
Wir lieben und vermissen dich,
deine Familie und Kartfreunde